Zeitlicher Zusammenhang zwischen Kündigung und Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers spricht für krankheitsbedingte Kündigung durch den Arbeitgeber

13. Juni 2019, Allgemein, Arbeitsrecht, Vertragsrecht

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat nun entschieden, dass ein Arbeitgeber gemäß § 8 Abs. 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) zur Entgeltfortzahlung über den Kündigungszeitpunkt hinaus verpflichtet ist, wenn die Kündigung eines Arbeitnehmers im zeitlichen Zusammenhang mit einer bei diesem bestehenden Arbeitsunfähigkeit ausgesprochen worden ist, da dann der Beweis des ersten Anscheins für eine Kündigung aus Anlass der Erkrankung spricht.

Der Entscheidung lag der Fall eines Arbeitnehmers zugrunde, der Anfang Juli 2016 seine Tätigkeit bei dem Arbeitgeber aufgenommen hatte. Die Probezeit betrug drei Monate. Einige Tage nach Ablauf der Probezeit erkrankte der Arbeitnehmer arbeitsunfähig, woraufhin kurze Zeit später die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit bis August 2016 festgestellt wurde. Nach Angaben des Arbeitnehmers setzte er seinen Arbeitgeber davon noch am selben Tag in Kenntnis. Der Arbeitnehmer erhielt daraufhin eine Kündigung mit der Begründung, dass er 12 Tage zuvor einen Fehler begangen habe. Zudem habe er trotz arbeitsvertraglicher Verpflichtung nicht die Qualifikation zum Berufskraftfahrer erworben. Da der Arbeitnehmer seine andauernde Arbeitsunfähigkeit für den Auslöser der Kündigung hielt, kam es zu einem Rechtsstreit über die Entgeltfortzahlung über den Kündigungszeitpunkt hinaus.

Das Arbeitsgericht Cottbus bejahte erstinstanzlich einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung gemäß § 8 Abs. 1 EFZG. Der Arbeitgeber habe das Arbeitsverhältnis aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit gekündigt. Das 12-tägige Abwarten zwischen dem behaupteten Fehler des Arbeitnehmers und der Kündigung habe der Arbeitgeber nicht erklären können und ein solches sei auch nicht ersichtlich. Der unterlassene Erwerb der Qualifikation scheide als alleiniger Kündigungsgrund aus. Zumindest sei die Arbeitsunfähigkeit des Klägers nach Ansicht des Arbeitsgerichts mitursächlich gewesen. Gegen diese Entscheidung legte der Arbeitgeber Berufung ein.

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz jedoch und verwies auf die Begründung des Arbeitsgerichts. Zwar ende die Pflicht zur Entgeltfortzahlung für den Arbeitgeber mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Dies gelte aber nach § 8 Abs. 1 EFZG dann nicht, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis „aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit“ kündigt. Dabei müsse die Arbeitsunfähigkeit nicht alleiniger Grund für die Kündigung sein.

Ist die Kündigung, wie vorliegend, in zeitlich engem Zusammenhang zur angezeigten Arbeitsunfähigkeit ausgesprochen worden, so komme dem Arbeitnehmer nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts ein Anscheinsbeweis zugute. Eine Anlasskündigung sei daher zu vermuten, wenn sie in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem zeitlichen Eintritt der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Dabei sei zu beachten, dass der Arbeitgeber nach dem Ende der zunächst bescheinigten Dauer der Arbeitsunfähigkeit noch drei Tage abzuwarten habe, ob der Arbeitnehmer ihm die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit anzeigt. Komme er dem nicht nach, könne er sich nicht darauf berufen, dass er keine Kenntnis von der Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit hatte. Er werde vielmehr so behandelt als ob er von der Fortdauer gewusst habe. Insoweit ist eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Entgeltfortzahlung über den Kündigungszeitpunkt hinaus bestätigt worden.

Die Kanzlei WBK ist Ihr verlässlicher Partner in sämtlichen Fragen des Arbeitsrechts. Wir beraten Sie kompetent und mit Blick für situationsgerechte Lösungen.

Nutzen Sie unseren Service einer kostenlosen Ersteinschätzung, um zu erfahren, ob in Ihrem Fall die Einschaltung eines Anwaltes sinnvoll ist.

Übersicht