Verpasster Flug: Reisende müssen sich vorab über Abflugmodalitäten erkundigen

1. Januar 2020, Allgemein, Fluggastrechte, Reiserecht, Vertragsrecht

Der Kläger des zugrunde liegenden Falls buchte für sich und seine Ehefrau bei der Beklagten, einem Reiseunternehmen, eine Pauschalreise. Laut Reiseplan sollte der Hinflug am 25.10.2018 um 17.35 Uhr vom Flughafen Frankfurt am Main erfolgen. Der Kläger gab nach seinem eigenen Vortrag das Gepäck gegen 16 Uhr auf und ging anschließend unmittelbar zur Passkontrolle, wo er sich gut 90 Minuten vor Abflug eingefunden habe. Zu diesem Zeitpunkt hätten sich dort bereits ca. 400 Flugpassagiere befunden, die von lediglich zwei Bundespolizisten kontrolliert werden sollten. Aufgrund dessen erreichte der Kläger mit seiner Ehefrau erst gegen 17.30 Uhr den Flugsteig, wo ihnen der Zustieg verweigert wurde. Stattdessen wurde das Gepäck der Eheleute aus dem Flugzeug wieder ausgeladen. Die Beklagte bot dem Paar gegen Zuzahlung von € 1.640,00 einen Ersatzflug an, was der Kläger wegen der Kosten aber ablehnte. Vorgerichtlich zahlte die Beklagte dem Kläger einen Stornobetrag von € 559,60 zurück. Den Restbetrag der Reisekosten verlangt der Kläger mit der vorliegenden Klage.

Das Amtsgericht gab der Klage zunächst statt und sah einen Anspruch auf Schadensersatz nach §§ 651 d Abs. 1 Satz 2, 638 Abs. 4 BGB in der zum Zeitpunkt der Durchführung der Reise geltenden Fassung als gegeben an. Dabei ging das Amtsgericht davon aus, dass die Reise mangelhaft gewesen sei, weil die Beklagte schon die Flugleistung und damit im Ergebnis die Reiseleistung insgesamt nicht erbracht habe. Die aus Sicht des Amtsgerichts vorliegende Unterbesetzung der Bundespolizei sei der Beklagten zuzurechnen, wobei es auf ein Verschulden der Beklagten als Reiseveranstalter nicht ankomme.

Gegen diese Entscheidung wandte sich die Beklagte mit ihrer Berufung und begehrte eine Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts und eine Abweisung der Klage.

Das Landgericht schloss sich in seiner Entscheidung der Auffassung der Beklagten und wies die Klage ab. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass es zunächst zutreffend sei, dass die Beklagte als Reiseveranstalter grundsätzlich auch ohne Verschulden für Reisemängel nach §§ 651 d Abs. 1 Satz 2, 638 Abs. 4 BGB hafte. Zugrunde zu legen sei aber der weite Mängelbegriff des § 651 c BGB. Danach hafte ein Reiseveranstalter nur, soweit sich nicht ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht oder der Reisende selbst den Mangel verschuldet hat.

Entscheidungserheblich kam es für das Landgericht deshalb darauf an, ob die von dem Kläger für die Sicherheitskontrolle sowie das Boarding eingeplanten gut 90 Minuten als ausreichend anzusehen sind. Insoweit führte die Beklagte an, dass nach ihren Empfehlungen in den Reiseunterlagen Passagiere spätestens zwei Stunden vor Abflug am Check-In-Schalter sein sollen. Den Zugang dieser Reiseunterlagen bestritt der Kläger. Dies entlaste ihn nach Auffassung des Gerichtes aber nicht, denn selbst wenn er die Reiseunterlagen mit den für ihn notwendigen Informationen tatsächlich nicht erhalten haben sollte, hätte er nämlich die Verpflichtung gehabt, sich über die Abflugformalitäten zum Beispiel beim Flughafenbetreiber zu erkundigen. Dieser wiederum empfiehlt Passagieren, sich mindestens zwei bis drei Stunden vor Abflug am Check-In-Schalter einzufinden. Dieser Empfehlung sei der Kläger nach seinem eigenen Vortrag nicht nachgekommen. Damit habe er selbst das Risiko in Kauf genommen und zu verantworten, dass nicht ausreichend Zeit für die Abflugformalitäten bleibe.

Deshalb stehe dem Kläger zur Überzeugung des Landgerichts kein Anspruch auf Schadensersatz gegen das beklagte Reiseunternehmen zu.

Das Urteil normiert sehr klar, welche Obliegenheiten die Reisenden selbst treffen. Ein bloßes Verlassen auf die Reiseunternehmen ist hierbei als unzureichend anzusehen, stattdessen treffen den Reisenden selbst erhebliche Informations- und Sorgfaltspflichten. Gerade für vergleichbare Fälle sei Reisenden daher dazu geraten, sich umfassend zu informieren und hierüber auch Nachweise zu führen, um letztlich nachweisen zu können, dass die Pflichtverletzung dem Reiseveranstalter zugerechnet werden muss.

Hierzu beraten wir, die Kanzlei WBK, Sie gerne und stehen Ihnen auch in allen anderen Fragen des Reiserechts gerne zur Verfügung. Wir beraten Sie außergerichtlich und stehen Ihnen auch bei gerichtlichen Auseinandersetzungen zur Verfügung.

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