Keine Verpflichtung zur Vollzeitarbeit bei mangelnder Unterstützung in der Kinderbetreuung

13. September 2022, Familienrecht

Der bei Getrenntleben beider Eltern für die Kinderbetreuung zuständige Elternteil hat regelmäßig auch Anspruch auf Unterhalt, weil er oder sie durch die Kinderbetreuung an einer ausreichenden eigenen Erwerbstätigkeit gehindert ist.

 

Zwar gibt es insoweit zeitliche Grenzen, unter Berücksichtigung des Alters der Kinder kann ab einem gewissen Zeitpunkt erwartet werden, dass auch der betreuende Elternteil einer beruflichen Tätigkeit nachgeht, der Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit gewinnt damit also an Bedeutung.

 

Das Oberlandesgericht Köln hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass ein allein erziehender Elternteil, der keine Unterstützung durch den anderen Elternteil erfährt, nicht in Vollzeit arbeiten muss.

Maximal soll danach eine ¾-Stelle gefordert werden können.

 

In dem zu entscheidenden Fall hatte der zu Unterhaltszahlung in Anspruch genommene Kindsvater keinerlei Interesse am Umgang mit seinem Sohn, die gesamte Erziehung, Versorgung und Betreuung des Kindes lastete auf der Kindsmutter.

 

In seiner Entscheidung führte das Gericht deshalb aus, dass eine Vollzeittätigkeit nur Beihilfe zur Entlastung infrage kommen könne.

Für die Betreuung des gemeinsamen Kindes komme grundsätzlich auch der unterhaltspflichtige Elternteil in Betracht, nur so könne der betreuende Elternteil entlastet werden; nur bei einer solchen Entlastung bestünde die Möglichkeit, eine Vollzeittätigkeit nachzugehen.

 

Konkret ging das Gericht davon aus, dass der Betreuungsbedarf des Kindes die Mutter so stark binde, dass maximal 75 % einer Vollzeitstelle für die Unterhaltsberechnung angesetzt werden können.

 

Die Entscheidung ist für die Berechnung von Unterhaltsansprüchen des betreuenden Elternteils von enormer Bedeutung.

Das Gericht stellt klar, dass die Zahlung von Kindesunterhalt nicht gleich bedeutet, damit sämtliche Verpflichtungen dem Kind gegenüber erbracht zu haben. Es bleibt bei der Mitverantwortung des zahlenden Elternteils, sich auch um das Kind zu kümmern.

Neben dem positiven Effekt im Bezug auf die Entwicklung des Kindes wird damit auch der andere Elternteil entlastet.

 

Nur dann kann sich der auf Zahlung in Anspruch genommene Elternteil darauf berufen, dass dem betreuenden Elternteil eine Vollzeittätigkeit zugemutet werden kann.

Dabei wird es dann im weiteren aber auch und nach wie vor auf die konkreten Möglichkeiten zur Fremdbetreuung des Kindes ankommen.

Auch hier wäre es durchaus möglich, dass die konkrete Betreuungssituation ein Hindernis für eine Vollzeitstelle darstellt.

 

Demnach ist die Entscheidung des OLG Köln vor allem bei der Annahme eines fiktiven Einkommens des betreuenden Elternteils bedeutend, also wenn der betreuende Elternteil entgegen seiner grundsätzlichen Verpflichtung gar nicht arbeiten geht. Auch der betreuende Elternteil muss sich für die Unterhaltsberechnung deshalb auf erhebliche Abschläge vorbereiten, wenngleich diese in einer solchen Konstellation dann eben auf 75 % einer Vollzeitstelle gedeckelt sein dürften.

 

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