Haftungsbeschränkung nach § 2059 Abs. 1 BGB gilt nicht für Erbschaftsteuerschulden

18. Juni 2020, Allgemein, Erbrecht, Steuerrecht

Nach einer aktuellen Entscheidung des BFH besteht keine Verpflichtung des Finanzamtes, wegen gegenüber einzelnen Erben festgesetzter Erbschaftssteuer vorrangig in den Nachlass zu vollstrecken.

Es besteht damit grundsätzlich die Möglichkeit, dass das Finanzamt auch unmittelbar dem jeweiligen Steuerschuldner zustehende und nicht über die Erbschaft erlangte Vermögenswerte zu pfänden.

Der BFH ist der Auffassung, dass sich aus § 20 Abs. 3 ErbStG keine Beschränkung der Vollstreckung auf den Nachlass ergebe.

Nach § 20 Abs. 3 ErbStG haftet der Nachlass bis zur Auseinandersetzung (§ 2042 BGB) für die Steuer der am Erbfall Beteiligten. Insoweit gehe es darum, dass die Erben bis zur vollständigen Erbauseinandersetzung eine Vollstreckung in den Nachlass wegen Ansprüchen aus dem Erbschaftsteuerschuldverhältnis eines Erben dulden müssten. Allerdings enthalte § 20 Abs. 3 ErbStG gerade keine Vorgabe, primär in den ungeteilten Nachlass zu vollstrecken. Der Vorschrift lasse sich keine Reihenfolge der Vollstreckung und auch keine Verpflichtung des Finanzamtes entnehmen, umfangreiche Ermittlungen zum Bestand des Nachlasses und zum eigenen Vermögen des Erben anzustellen.

Zudem könne aus der Haftungsbeschränkung nach § 2059 Abs. 1 BGB keine Beschränkung der Vollstreckung hergeleitet werden, weil diese Einrede auf die Erbschaftsteuerschuld nicht anwendbar sei.

Schuldner der Erbschaftsteuer ist nach § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 20 Abs. 1 ErbStG nur der jeweilige Erwerber. Daher handelt es sich um eine Erbteilverbindlichkeit. Nach § 2059 Abs. 1 S. 2 BGB steht dem Erben die Einrede in Ansehung des seinem Erbteil entsprechenden Teils der Verbindlichkeit nicht zu, wenn er für eine Nachlassverbindlichkeit unbeschränkt haftet. Dies ist bei der den jeweiligen Erben allein treffenden, individuellen Erbschaftssteuerschuld aber gerade der Fall.

Wichtig: Der BFH hat nicht darüber entschieden, ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Ausnahmefällen eine vorrangige Vollstreckung in den Nachlass gebietet, z. B. wenn der Steuerschuldner darlegen kann, dass eine Vollstreckung in sein eigenes Vermögen aussichtslos wäre. Im Streitfall hatte dieser Punkt keine Bedeutung, da die Erbin über erhebliche eigene Bankguthaben verfügte.

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