Gutachterkosten beim Verkehrsunfall: einfaches Bestreiten der Schadenshöhe bei unbezahlter Rechnung ist ausreichend

30. März 2019, Allgemein, Forderung, Verkehrsrecht

Legt der Geschädigte eines Verkehrsunfalls lediglich die unbeglichene Rechnung über die Sachverständigenkosten vor, genügt ein einfaches Bestreiten der Schadenshöhe durch den beklagten Schädiger oder Haftpflichtversicherer, solange der Geschädigte nicht weitere konkrete Anhaltspunkte für den erforderlichen Herstellungsaufwand liefert.

Vereinfacht zusammengefasst verfolgte die Klägerin ihren Anspruch auf restliche Erstattung von Sachverständigengutachterkosten. Von diesen erstattete die beklagte Haftpflichtversicherung bereits mehr als die Hälfte, vertrat allerdings die Auffassung, dass die restlichen Kosten überhöht wären. Hiergegen wehrte sich die Klägerin und forderte den Rest ein, jedoch ohne Erfolg, denn der BGH entschied eindeutig, dass die Vorlage einer Rechnung, welche noch nicht beglichen ist, nicht zum Nachweis von tatsächlich erforderlichen Kosten ausreichend ist. Zwar erklärte das Gericht, dass die Kosten eines beauftragten Sachverständigen bei einem erlittenen Verkehrsunfall grundsätzlich zu den erstattungsfähigen Kosten, und damit auch zum ersatzfähigen Schaden, mit dazu zählen. Vorliegend ginge es hier jedoch nicht um das „Ob“, sondern um die konkrete Höhe und dafür muss der Geschädigte mehr „vorlegen“ als nur eine bloße Rechnung.

Im Einzelnen gab der BGH zu verstehen, dass wenn wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten ist, der Geschädigte statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen kann. Sein Anspruch ist auf Befriedigung seines Finanzierungsbedarfs in Form des zur Wiederherstellung objektiv erforderlichen Geldbetrags und nicht etwa auf Ausgleich von ihm bezahlter Rechnungsbeträge gerichtet. Der Geschädigte ist ferner nach schadensrechtlichen Grundsätzen in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei. Er darf zur Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint. Denn Ziel der Schadensrestitution ist es, den Zustand wiederherzustellen, der wirtschaftlich gesehen der hypothetischen Lage ohne das Schadensereignis entspricht. Der Geschädigte ist deshalb grundsätzlich berechtigt, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen. Soweit so gut.

Der Geschädigte kann jedoch vom Schädiger als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen. Mit anderen Worten, der Geschädigte solle sich an dem erlittenen Unfall nicht bereichern. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Allerdings ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen. Auch ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen.

Den Geschädigten trifft daher grundsätzlich die Darlegungslast hinsichtlich des oben beschriebenen erforderlichen Herstellungsaufwandes. Dieser Darlegungslast genügt der Geschädigte regelmäßig durch Vorlage einer – von ihm beglichenen – Rechnung des mit der Begutachtung seines Fahrzeugs beauftragten Sachverständigen. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrags zur Schadensbehebung reicht dann grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe infrage zu stellen.

Hier war der Fall jedoch anders, denn die Klägerin hatte, wie bereits dargelegt, den Rechnungsbetrag noch nicht zum Ausgleich gebracht. Der BGH entschied daher, dass nicht der vom Gutachter in Rechnung gestellte Betrag als solcher einen Anhalt zur Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrags gibt, sondern allein der von der Geschädigten in Übereinstimmung mit der Rechnung und der ihr zugrundeliegenden Preisvereinbarung tatsächlich erbrachte Aufwand. Als Grund hierfür gab der BGH an, dass bei der Bestimmung des erforderlichen Betrags die besonderen Umstände des Geschädigten, mitunter auch seine möglicherweise beschränkten Erkenntnismöglichkeiten zu berücksichtigen sind. Diese schlagen sich regelmäßig im tatsächlich aufgewendeten Betrag nieder, nicht hingegen in der Höhe der vom Sachverständigen erstellten Rechnung als solcher.

 

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