Fluggesellschaft darf Beförderung bei unzureichenden Reiseunterlagen verweigern

21. Januar 2020, Allgemein, Fluggastrechte, Reiserecht, Vertragsrecht, Zivilrecht

In dem zugrundeliegenden Fall wollten die Kläger, zu denen auch die zwei minderjährigen Kinder der Familie zählen, eine gemeinsame Flugreise antreten. Die Fluggesellschaft teilte der Familie jedoch am Abflug-Flughafen mit, dass eine Beförderung der Kinder nicht möglich sei, weil sich in den Kinderreisepässen Verlängerungsvermerke befanden. Für Minderjährige gelten im Zielland strenge Einreiseanforderungen, so muss z.B. stets eine Originalgeburtsurkunde vorgelegt werden. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes ist zudem ein Kinderreisepass zur Einreise nur ausreichend, sofern er nicht verlängert oder aktualisiert ist. Die Kläger mussten sich zunächst neue Kinderreisepässe organisieren und konnten den Hinflug – gegen einen Aufpreis – erst am nächsten Tag antreten. Die Kläger machten im Prozess unter anderem jeweils Ausgleichsansprüche in Höhe von 600 Euro nach der europäischen Fluggastrechteverordnung geltend.

Das Amtsgericht wies die Klage nun ab und führte zur Begründung aus, dass die Beförderung nach der Fluggastrechteverordnung schon dann verweigert werden dürfe, wenn „vertretbare Gründe“ hierfür gegeben seien. Hierzu zähle die Verordnung insbesondere unzureichende Reiseunterlagen (Art. 2 Buchst. b VO (EG) Nr. 261/2004 – FluggastrechteVO). Die Entscheidung der Fluggesellschaft sei vertretbar gewesen, weil sich die Anforderungen bezüglich der Kinderreisepässe aus den aktuellen Mitteilungen des Auswärtigen Amtes und der zuständigen Behörden des Ziellandes ergäben. Es komme nicht darauf an, ob die Behörden in jedem Fall bei der Einreise auf deren Einhaltung bestünden oder insoweit ein Ermessen hätten. Eine Einreisegestattung sei nicht mit Sicherheit zu erwarten gewesen. Die Fluggesellschaft wäre, wenn sie die Kläger befördert hätte, das Risiko eingegangen, ein Bußgeld zahlen und die Rückreisekosten übernehmen zu müssen. Das sei der Beklagten jedoch nicht zumutbar gewesen. Die Fluggesellschaft sei – anders als ein Pauschalreiseveranstalter – auch nicht verpflichtet gewesen, die Kläger vor Antritt der Reise auf die Einreisebestimmungen hinzuweisen, sondern dies hätten die Kläger in eigener Verantwortung tun müssen.

Das vorliegende Urteil zeigt klar auf, inwieweit die Fluggastrechteverordnung hinsichtlich einzelner Begriffe durchaus auslegungsbedürftig ist. Weiterhin sind Reisende darauf hinzuweisen, dass ein teilweise erheblicher Unterscheid betreffend die rechtlichen Auswirkungen und Anforderungen zwischen Pauschalreisen und Einzelbuchungen besteht. Hierauf sollten Reisende verstärkt achten.

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