Ehegatte muss bis zu 12 Tage nach Tod des anderen Ehegatten mit Zugang eines zu Lebzeiten erklärten Widerrufs eines gemeinschaftlichen Testaments rechnen

30. Mai 2020, Allgemein, Erbrecht, Vertragsrecht

Setzen sich Ehegatten wechselseitig zu Alleinerben ein, so ist dies in aller Regel Ausfluss des Willens, den anderen nach dem eigenen Ableben als versorgt zu wissen.

Der jeweils andere Teil rechnet aufgrund der gemeinsamen letztwilligen Verfügung dann auch damit, dass diese Folge so eintritt.

Doch auch dabei ist Vorsicht geboten, weil ein Widerruf des gemeinschaftlichen Testamentes zu Lebzeiten beider Eheleute jederzeit möglich ist, wenngleich auch besondere Formerfordernisse bestehen.

Entscheidend dabei ist allerdings auch, dass der Widerruf dieses Testamentes dem anderen Ehegatten nicht zugehen muss, solange der widerrufende Ehegatte ebenfalls noch lebt, ein Zugang kann auch erst dann stattfinden, wenn der widerrufende Ehegatte bereits verstorben ist.

Ein Ehegatte muss damit rechnen, dass innerhalb von 12 Tagen nach dem Tod des anderen Ehegatten ein von diesem noch zu Lebzeiten erklärter Widerruf des gemeinschaftlichen Testaments zugeht. Ein solcher Widerruf ist gemäß § 130 Abs. 2 BGB wirksam. Wichtig ist, dass der Widerruf bei Versterben des widerrufen Ehegatten dem anderen Ehegatten alsbald zugeht. Dies hat das Oberlandesgericht Oldenburg entschieden.

Nach § 130 Abs. 2 BGB ist es für die Wirksamkeit einer Willenserklärung unerheblich, wenn der Erklärende nach der Abgabe stirbt. Wichtig sei aber, dass der Erklärende alles getan hat, was von seiner Seite geschehen muss, damit die Erklärung dem anderen Teil zugeht. Die Erklärung müsse also bereits „auf dem Weg“ sein. Zudem dürfe der Abstand zwischen dem Tod und dem Zugang der Willenserklärung nicht zu groß sein.

Entscheidendes Kriterium ist, dass der widerrufende Teil von seiner Seite aus alles erforderliche getan habe, dass der Widerruf der Gegenseite alsbald zugehe.

Dies ist regelmäßig schon dann gegeben, wenn eine vom Notar nur noch umzusetzende Anweisung der Übermittlung des Widerrufes an die Gegenseite vorliegt.

Weiter sei auch zu berücksichtigen, ob die Übermittlung angesichts der normalen Bearbeitungszeiten in einem Notariat oder bei Gericht noch so zeitnah zum Tod erfolge, dass zumutbarer Weise damit gerechnet werden müsste, dass eine lebzeitig abgegebene notarielle Widerrufserklärung noch zugestellt werden könnte. Welcher Zeitraum hierfür dann aber maximal vorzusehen ist, ließ das Gericht wohlweislich offen.

Für die potentiellen Erben bedeutet dies natürlich weitere Unsicherheit, die angesichts der aber sicher nur kurzen Fristen noch hinnehmbar sein dürfte.

In Fällen des Bestehens von Einzeltestamenten kann hingegen sogar mehrere Jahre später ein anderes Testament, welches das bislang herangezogene entfallen lässt, auftauchen mit der Folge, dass dann gänzlich andere Regelungen greifen. Der testamentarische Erbe ist in einem solchen Fall noch weniger geschützt.

 

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