Anrechnung von im EU-Ausland nicht beantragten Familienleistungen auf deutsches Kindergeld

22. März 2022, Familienrecht, Steuerrecht

Mit den Kindergeldzahlungen unterstützt der deutsche Staat Familien und gewährt diesen auf diesem Weg entsprechende Steuererleichterungen.
Je nach Einkommensverhältnissen tritt an die Stelle des Kindergeldes dann der steuerliche Kinderfreibetrag, auf den das unterjährig gezahlte Kindergeld angerechnet wird.

Insbesondere in grenznahen Regionen kann es mitunter dazu kommen, dass den Eltern auch Leistungen anderer EU-Mitgliedstaaten mit gleicher Zielrichtung zustehen.

Nach den Bestimmungen des deutschen Steuerrechtes sind diese Leistungen auf den Kindergeldanspruch anzurechnen.

Aktuell hat der Bundesfinanzhof in diesem Zusammenhang entschieden, dass der Anspruch auf Kindergeld nach deutschem Recht auch dann in Höhe des Anspruches auf vergleichbare Familienleistungen im EU-Ausland zu mindern sein kann, wenn der im Ausland erwerbstätige kindergeldberechtigte Elternteil die dort vorgesehenen Leistungen nicht einmal beantragt hat.

Im betreffenden Fall hatte der Kläger eine nichtselbständige Erwerbstätigkeit in den Niederlanden aufgenommen, den dort zustehenden Anspruch auf Familienleistungen für seine Kinder hatte er jedoch nicht beantragt.
Demgemäß unterblieb auch eine entsprechende Mitteilung an die Familienkasse, die daraufhin das Kindergeld weiterhin ungemindert auszahlte.
Nach entsprechender Kenntniserlangung im Jahr 2016 hob die Familienkasse die Festsetzung des Kindergeldes für mehrere Jahre rückwirkend auf und forderte die Beträge zurück.
Das zunächst klagestattgebende Urteil des Finanzgerichtes wurde vom BFH aufgehoben.

Nach Ansicht der Richter müsse eine Koordinierung der Ansprüche des Klägers auf Familienleistungen nach deutschem und nach niederländischem Recht vorgenommen werden.
Nach den anzuwendenden Rechtsvorschriften der Europäischen Union ergebe sich, dass im konkreten Fall die Niederlande vorrangig für die Gewährung von Familienleistungen zuständig wären, weil der Kläger dort einer Erwerbstätigkeit nachgehe. Gleichzeitig war die Ehefrau des Klägers in Deutschland nicht erwerbstätig, sodass sich der Vorhang eindeutig ergeben hatte.

In der Konsequenz brauchte der deutsche Staat deshalb nur die Differenz zwischen dem deutschen Kindergeld und dem (geringeren) Anspruch auf niederländische Familienleistungen zahlen.
Vorliegend war nach Ansicht des BFH auch ein Anspruch des Klägers auf niederländische Familienleistungen nicht zu verneinen, weil diese nicht beantragt worden waren.
Denn der beim nachrangigen Träger (Deutschland) gestellte Antrag auf deutsches Kindergeld sei unionsrechtlich so zu behandeln, als wäre er beim vorrangig zuständigen Staat (hier Niederlande) gestellt worden.

Die Entscheidung ist im Hinblick auf den Vorrang und die entsprechenden Kompetenzen, die innergemeinschaftlich zu regeln sind, nur konsequent.
Es ist im Weiteren dann auch davon auszugehen, dass der Kläger trotz der in den Niederlanden fehlenden Antragstellung rückwirkend entsprechende Zahlungen erhält, sodass wirtschaftlich hier kein Schaden entsteht.

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